Was ist Westernreiten?
 
Ursprünglich kommt die Westernreiterei aus Amerika.
Große Herden Rinder wurden im weitläufigen kaum besiedelten Land ohne Zäune gehalten.
Die berittenen Rinderhirten, sogenannte Cowboys, entwickelten Ihren eigenen Reitstil, der Ihnen die Arbeit mit den Rindern erleichtern sollte.
Aus den Bedürfnissen des Alltags entwickelte sich das moderne Westernreiten.

Es wurde ein gehorsames Pferd, welches auf die leichtesten Hilfen reagiert, einhändig geritten werden kann und selbständig bei der Rinderarbeit handelt und mitdenkt, benötigt.
Da diese Arbeiten meistens in unebenem Gelände zu erledigen waren, mußten die Pferde ebenfalls trittsicher, hellwach, nervenstark und gut ausbalanciert sein.
Diese Eigenschaften wünschen wir uns auch bei unseren Pferden, im Gelände genau wie auch im Turniersport.
Dort, sowie im täglichen Umgang müssen wir uns auf unser Pferd jederzeit verlassen können.

Erstrebenswert ist auch, daß unsere Pferde zufrieden und motiviert mitarbeiten.
Unter diesem Aspekt müssen auch die Hilfen des Westernreitens betrachtet werden.
Sie beschränken sich hauptsächlich auf kurze Signale wie leichtes Annehmen der Zügel und Gewichtshilfen.
Damit das Pferd diese Hinweise auch versteht, muß es eine gute Ausbildung erhalten.

Doch auch heute noch kursieren leider aufgrund fehlerhaften oder ganz fehlender Informationen
bisweilen recht merkwürdige Ansichten über die Ausbildung des Westernpferdes.

So mancher Reiter, der sich mit klassisch-dressurmäßiger Arbeit in der Bahn nicht so recht anfreunden konnte, glaubte anfangs durch austauschen von Sattel und Zaumzeug, loslassen der Zügel und wegspreizen der Beine schon zum Westernreiter zu werden und damit einen schnellen, bequemen Weg zum Reiten zu finden.

Aber das moderne Westernreiten ist mehr, ist eine Reitweise, die ganz besonders auf eine harmonische Zusammenarbeit zwischen Pferd und Reiter abzielt und durch umfassende Ausbildung von Pferd und Reiter, die bis zur Perfektion viel Fleiß und Ausdauer erfordert, das Pferd auf Dauer leistungsfähig und motiviert erhält.

Gerade in der Grundausbildung sind die Unterschiede zwischen den Reitweisen gar nicht so groß – können es auch nicht sein - ,denn es gibt gewisse Grundprinzipien beim Reiten und bei der Ausbildung, die in keiner Reitweise außer acht gelassen werden dürfen.
Es sind in erster Linie die Prinzipien von Losgelassenheit und Gleichgewicht des Pferdes sowie der losgelassene, zügelunabhängige Sitz des Reiters, die die Grundausbildung und alle weiteren Ausbildungsstufen durchziehen.

Die Unterschiede zwischen klassischer und Westernreitweise liegen damit hauptsächlich im
Ziel der Ausbildung und im Weg dorthin.

Während in der klassisch-englischen Reitweise - mit starker Versammlung und Aufrichtung bei ausdrucksstarken, schwungvollen Bewegungen, unter Kontrolle jeder einzelnen Bewegung, ja dem förmlichen Einrahmen des Pferdes durch die andauernde reiterliche Hilfengebung - das Reiten im Prinzip zum ästhetischer Selbstzweck, also zur „Reit-Kunst“ wird, bleiben die Ursprünge der Arbeitsreitweise auch im heutigen Westernreiten nach wie vor präsent.

So bewegt sich das "fertige" Westernpferd weit weniger schwungvoll aber dennoch taktrein und mit gutem Schub aus der Hinterhand, losgelassen, im Gleichgewicht ausbalanciert in natürlicher Haltung vorwärts.
Es wurde durch die Ausbildung zu einem selbständigen Mitarbeiter des Reiters erzogen, soll mit einem Minimum an Hilfen seitens des Reiters auskommen und trotzdem im Bedarfsfall seiner absoluten Kontrolle unterliegen.

Aus diesen Forderungen resultiert das Reiten am losen Zügel sowie die einhändige Zügelführung auf Kandare beim ausgebildeten Pferd und auch der angestrebte losgelassene Gleichgewichtssitz des Reiters, der Kreuz und Schenkel nur bei Bedarf einsetzt und sich ansonsten eher tragen läßt statt das Pferd aktiv an die Hand heranzureiten.

Dies macht das Westernreiten auf gut ausgebildeten Pferden auch zur idealen Reitweise für den Freizeit- und Geländereiter.
Es verwundert daher nicht, daß sich immer mehr Reiter für das Westernreiten interessieren.

Wie in der klassisch-englischen Reitweise wird das Pferd mit Trense in beidhändiger Zügelführung angeritten und erst langsam auf die einhändige Zügelführung umgestellt. Auch die Minimierung der Hilfengebung vollzieht sich allmählich. Erst wenn es gelernt hat, in angemessener Selbsthaltung zu gehen und auf den äußeren „Druckzügel“, der in der Wendung nur am Hals anliegt und keinen Druck auf das Maul des Pferdes ausübt, zu reagieren, wird die Umstellung auf Kandare vollzogen.
Neben der Trense besitzen die Westernreiter eine zusätzliche Ausbildungszäumung – das Bosal - , eine gebißlose Zäumung ohne Hebelwirkung. Auf Turnieren dürfen nur
jüngere Pferde ( siehe aktuelle Regelbücher ) beidhändig auf Trense oder Bosal vorgestellt werden – danach müssen sie einhändig auf Kandare geritten werden.

Ausnahmen bilden die Anfängerklassen, wo auch für ältere Pferde Trense oder Bosal erlaubt, teilweise sogar vorgeschrieben sind.